„Erfahrungen vererben sich nicht - jeder muss sie alleine machen“
Eine gute und solide Aus- und Weiterbildung gehört zum notwendigen Rüstzeug, um seinen Beruf erfolgreich auszuüben. Eine Persönlichkeit definiert sich jedoch nicht allein über erlangte Zertifikate, sondern über ihre Erfahrungen, die sie im Laufe seines Lebens gemacht hat. Ein erfolgreicher Unternehmer wie beispielsweise Richard Branson (Virgin) hat lediglich einen Mittelschulabschluss und ist heute Milliardär. Kein Berater der Welt kann auf das Wissen zurückgreifen, das sich Richard Branson durch den Aufbau vieler Unternehmen angeeignet hat. Sein Werdegang mit allen Höhen und Tiefen, mit Erfolgen und Misserfolgen hat ihn geprägt und zum Vorzeigeunternehmer gemacht.
Entscheidend ist, welche Erfahrungen wir im Laufe unseres Lebens machen dürfen und was wir für uns daraus ableiten können. Und je bunter eine Biografie ist, desto mehr Erfahrungen kann man weitergeben.
Die 80er Jahre: Der Kunde ist König
Wenn man schon in der Schule davon träumte, einmal Unternehmensberater zu werden, ist das Studium der Betriebswirtschaft quasi Pflichtprogramm. Ich studierte in Kiel und freute mich über praxisorientierte Professoren. Trotz mathematischer Lücken konnte ich mich für Investitionsrechnung begeistern. Bei meinem Studienschwerpunkt Marketing interessierte mich vor allem, wie man den Kundennutzen optimieren kann.
Nach erfolgreichem Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums sammelte ich zunächst drei Jahre praktische Erfahrungen im elterlichen Handelsunternehmen. Der Vorteil gegenüber einer Anstellung in einem Fremdunternehmen? Man kommt an alle Informationen heran, kann überall Einblick nehmen und kennt alle Mitarbeiter bereits von Kindesbeinen an. Innerhalb kürzester Zeit lernte ich das Geschäft von der Pike auf. Und kam schnell zu dem Schluss: Der Kunde ist König!
Eine intakte Kundenbeziehung mit einem erkennbaren Kundennutzen ist die Grundlage für den Unternehmenserfolg.
Parallel beriet ich einen Einkaufsverband der gleichen Branche, organisierte einen edv-gestützten Betriebsvergleich für die angeschlossenen Händler und arbeitete an ersten Franchisekonzepten mit.
Die 90er Jahre: Das Geheimnis des Erfolges ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen
Endlich erfolgte der Schritt in die Unternehmensberatung. Als Assistent begann ich meine Laufbahn in Hamburg bei einem bekannten Beratungsunternehmen. Meine zuvor erworbene Praxiserfahrung katapultierte mich auf der Karriereleiter schnell nach oben. Die Grenzen öffneten sich. Mit Anfang 30 übernahm ich im Rahmen einer Treuhandbeauftragung die operative Verantwortung für die Privatisierung der Handelsorganisation (HO) in der ehemaligen DDR. Eine Riesenaufgabe. Über 20.000 Verkaufsstellen, mehr als 200.000 Mitarbeiter und nur wenige Monate Zeit. Schlimmste Erfahrung: Tausende von Besserwessis, die als Berater in den Osten strömten, und nur ihre Blickrichtung akzeptierten. Schönste Erfahrung: Die enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der ehemaligen Handelsorganisation.
Wichtigste Erkenntnis: Den Standpunkt des anderen zu verstehen.
Anschließend folgten für andere Beratungsunternehmen internationale Privatisierungsprojekte in ganz Osteuropa. Auftraggeber waren u.a. die Treuhandanstalt und die Weltbank. Warmherzige Russen, hilfsbereite Ukrainer, Gastfreundschaft, Kulturbegeisterung und Bescheidenheit: Die Bandbreite an positiven persönlichen Erfahrungen ist breit und lässt die augenblickliche politische Situation in einem anderen Licht erscheinen.
Das neue Jahrtausend: Warum Berater oft nicht helfen können
Ende der 90er Jahre kehrte ich zurück in meine alte Unternehmensberatung und übernahm die Geschäftsführung in der Kölner Zentrale. Über 100 Berater, Tochterfirmen, Beteiligungen und ein operatives Beratungsgeschäft, das den üppigen Erträgen aus der Wendezeit nachtrauerte und tief in die roten Zahlen gerutscht war. Sanierung und Neuausrichtung! Das operative Geschäft erholte sich schnell und brachte viele neue Mandate. Bittere Erkenntnis bei einigen Aufträgen: Symptonbekämpfung ja, Ursachenforschung lieber nicht. Heißt: Kosten senken und Umsätze puschen. Aber weitermachen wie bisher. Unausweichliche Folge: Die Probleme kehren regelmäßig zurück, solange Inhaber und Führungskräfte keinen Willen zur Veränderung entwickeln. Aber es gab auch viele positive Projekte, bei denen neue Konzepte erfolgreich auf den Markt gebracht werden konnten. Und zwar immer dann, wenn sich alles auf den Kundennutzen fokussierte.
Finanzkrise, ein neuer Verwaltungsrat und die Frage, ob das schon alles war.
Die Zeit, alles infrage zu stellen und etwas Neues zu beginnen, reift.
2010 und Folgejahre
Ausstieg aus der Unternehmensberatung und die Suche nach neuen Aufgaben. Zusammen mit Freunden entstehen in dieser Zeit zwei Start- Up-Unternehmen - im Gesundheitsbereich und im technischen Sektor. Viel Eigenkapital, aber auch Fremdkapital wird investiert. Es beginnt zu regnen. Die Hausbank verlangt ihren Regenschirm zurück, weil eingesammelte Investorengelder nicht rechtzeitig fließen. Wiederum eine neue Erfahrung. Und ein Blick hinter die Bankstrukturen lässt die Fassade bröckeln. Ein Buchprojekt entsteht.
Und heute?
Geschäftsideen entwickeln, prüfen und mit Partnern umsetzen: Das erfordert Leidenschaft und einen langen Atem. Sich an neue Themen heranzuwagen, ohne Restriktionen zu denken, nur den potenziellen Kundennutzen vor Augen zu haben, das sind wertvolle Erfahrungen, von denen auch bestehende Unternehmen profitieren: Auf Unternehmertagungen, in Coachingprojekten, bei Vorträgen oder auch durch Aufsichtsrats- und Beiratsmandate, die ich in begrenzter Anzahl wahrnehme.